Premiere Flèche Nationale Allemagne
ERSTER BUNDESWEITER DEUTSCHER FLÉCHE
( Erlebnisbericht von Jürgen Fahrt)
1. Fleche Allemagne
05.05.2005, 9:00 Uhr - 06.05.2005, 8:50 Uhr
von Köfering (bei Regensburg) nach Eisenach (Wartburg)
Equipe 1
Wolfgang Zerrmayr, Tobias Hünerth, Stefan Pittelkow, Jürgen Fahrt

Vorbereitung
Bereits im Herbst des Jahres 2004 hat sich herauskristallisiert, dass ich in einer Gruppe mit Wolfi als Kapitän die Premiere des Fleche Allemagne absolvieren möchte. Ich weiß nicht, wie dies in den anderen Gruppen war, aber die Fluktuation der Teilnehmer war bei uns sehr groß. Michael P. wollte doch lieber mit Equipe 2 (Karl W.) fahren, Arno S. musste nach einem Unfall seinen Rücktritt von der Teilnahme erklären und damit wollte auch sein Tandembeifahrer nicht mehr mitmachen. Walter P. bekam in seiner Arbeit keinen Urlaub und Anton S. bekam eine Woche vorher Bedenken bezüglich seines Durchhaltevermögens.
Also waren wir die vier oben erwähnten Teilnehmer, die diese Tour absolvieren wollten.
Vortag / Anreise
Eigentlich will ich mit dem Rad nach Köfering Anreisen, aber wie üblich gibt es Probleme mit dem pünktlichem Arbeitsende, so dass ich dann doch die Deutsche Bahn in Anspruch nehmen muss.
Kurz nach 21 Uhr komme ich bei Wolfi an; zwar spät, aber immer noch vor den beiden anderen. Tobias kommt etwas später mit dem Zug an und nur Stefan reist stilecht mit dem Rad von München an.
Nach einigen Stunden Schlaf - zu viert in einem Einzimmerappartment - kommt Wolfis 18-Tassen-Espressomaschine zum Einsatz. Aber eine Füllung reicht nicht aus, um uns endgültig wach zu bekommen. Nach dem Frühstück geht es dann los zu der einzigen Tankstelle in Köfering, wo wir den Startstempel bekommen und damit unsere Tour beginnen.
Fleche Allemagne
Kurz nach neun Uhr erhalten wir den ersten Stempel und es geht los. Leider geht kurz danach auch der Regen los. Nachdem wir einige Minuten in einer Bushaltestelle stehen, packen wir doch die Regensachen aus und fahren weiter. Wolfi kennt sich natürlich blendend aus und es geht in flotter Fahrt nach und durch Regensburg. Nur der Gegenwind stört, aber er wird uns auch den Rest der Tour begleiten.
Es geht wellig bis nach Kallmünz und schon nach einigen Stunden wird klar, dass wir uns von dem Gedanken, die ersten 100 Kilometer in vier Stunden zu absolvieren, verabschieden können. Aber nach Kallmünz geht es erst mal einige Zeit an der Vils entlang. Unser neues Ziel (100 km in fünf Stunden) können wir somit gut erreichen. Doch gerade als es hervorragend rollt, kommt das aus Osterdorf gewöhnte Kommando: „Vorne geht's rechts hoch!". Wir verabschieden uns von dem flachen Tal und absolvieren wieder einige Höhenmeter.
In der Nähe von Amberg lässt uns die Landkarte ein einziges Mal im Stich, denn die Strasse die wir fahren sollen, existiert nicht und beschert uns somit einen Umweg von einigen Kilometern. Die erste Kontrolle in Hirschau nach ca. 80 Kilometer verläuft unspektakulär: Stempel holen, Wasserflaschen füllen, Süßigkeiten einkaufen und wieder weg.
Die nächsten Kilometer bieten keine Abwechslung; böiger Gegenwind, wellenförmiges Gelände, etwas lustloses Dahinrollen. Erst nach insgesamt 150 Kilometer kommt ein Highlight: Ich kündige mich eine Stunde vorher bei einer Bekannten in Gottsfeld an, die uns dann mit Spaghetti in Lachs-Sahnesauce verwöhnt. Am liebsten möchten wir Jutta und ihre Familie gar nicht mehr verlassen, aber nach einer Stunde drängt der Zeitplan. Es ist kurz vor 18 Uhr und noch nicht einmal die Hälfte der Strecke geschafft.
Wir brechen zur nächsten Kontrolle in Kulmbach auf. Dazwischen liegt noch ein interessantes Wegstück. Mitten durch den Wald, ungeteert, aber voll ausgeschildert. Eine richtige Autobahn unter den Waldwegen. Zum Teil mit Gefällestrecken, die uns mit über 40 km/h über den festgestampften Waldboden führen.
In Kulmbach holen wir unseren zweiten Stempel; um die Helligkeit noch auszunutzen machen wir nur eine kurze Pause.
Ab Kronach nutzen wir die letzte Stunde mit Tageslicht aus und folgen einem Fluss namens Haßlach. Da nun auch der Wind etwas nachlässt, kommen wir noch mal gut voran.
Aber leider müssen wir uns auch von diesem Flusslauf trennen und es kommt der unangenehmste Teil der Tour. Es geht nun über den Rennsteig hinweg. Bereits der Anstieg nach Neuhaus am Rennweg ist unangenehm lang. Ich habe zu diesem Zeitpunkt ein massives Tief und komme nur mit Mühe zu unserem dritten Kontrollpunkt. Wir verzichten darauf wie geplant das Krankenhaus anzufahren und holen uns stattdessen den Stempel in einer Kneipe, die noch eine halbe Stunde - bis Mitternacht - geöffnet hat. Nachdem wir uns wieder etwas aufgewärmt haben, brechen wir wieder auf; leider hat es nun aber auch wieder zu regnen begonnen. Die folgenden drei Stunden werde ich in denkbar schlechter Erinnerung behalten:
- Die Auffahrten sind lang und quälend.
- Die Abfahrten sind wegen schlechter Sicht und Witterung auch keine Freude.
- Der Regen gehl langsam in Schnee über.
- Tobias hat den einzigen technischen Defekt; ein plattes Vorderrad. (Eigentlich ist es der zweite technische Defekt, denn seit Kilometer 30 ist mein Fahrradtacho abgesoffen.)
Die Reparatur ist eigentlich problemlos; das Problem ist nur, dass es einige Zeit dauert bis Tobias seine Hände soweit erwärmt hat, das er den Schlauch tauschen kann. Unser aller Stimmung ist auf dem Tiefpunkt, und wenn in der Nähe ein Bahnhof oder ein Gasthof wäre, könnte ich nicht dafür garantieren, dass die Equipe 1 komplett ihr Ziel in Eisenach erreichen wird.
Aber irgendwann ist auch dieser unangenehme Teil der Strecke geschafft und wir kommen in Oberhof an. Nun liegen die großen Anstiege hinter uns, der Regen, bzw. Schneefall ist vorläufig beendet und ein angenehmer Rückenwind treibt uns in Richtung Gotha. Es beginnt bereits zu dämmern, als wir kurz vor Gotha an einer Tankstelle ausgiebig Rast machen. Kaffee und Gebäck sorgen wieder für bessere Stimmung und nach einer guten halben Stunde Rast brechen wir zur vorletzten Etappe auf. Inzwischen ist es wieder hell und ein stetiger Wind aus südlichen Richtungen treibt uns durch Gotha bis nach Bad Langensalza. Hier dürfen wir erst um sieben Uhr weiterfahren, also suchen wir uns eine Bäckerei, die kurz vor halb sieben schon geöffnet hat. Nach einigem Suchen haben wir Erfolg und stärken uns für die letzte Etappe. Kaffe und Brötchen, Mohnkuchen und Croissants - wir lassen es uns gut gehen und genießen die Zwangspause.
Punkt sieben Uhr brechen wir zur letzten Etappe auf. 35 Kilometer in zwei Stunden; dies sollte doch eigentlich kein Problem sein. Aber die Schwierigkeiten die noch auf uns warten müssen erst noch bewältigt werden. Der Wind der uns die letzten Stunden versüßt hat kommt nun böig von vorne. Die Strecke ist unangenehm wellig, es regnet wieder einige Zeit und auch der einsetzende Berufsverkehr macht es uns nicht leicht. Jeder von uns vieren gibt noch mal alles, so dass bereits nach einer Stunde klar wird, dass wir unser Ziel, die Wartburg, rechtzeitig erreichen werden. Eine dreiviertel Stunde vor Zielschluss ist die Burg zum ersten Mal aus der Ferne zu bewundern, aber der Weg bis dort zieht sich noch einige Kilometer. Aber als wir kurz nach halb neun den Schlussanstieg antreten, hat auch der Regen wieder aufgehört.
Auf diesen letzten Kilometern treffen wir dann auch endlich einige andere Randonneure, so dass es in größeren Gruppen bergauf geht. Trotz der 400 Kilometer langen Anreise wird von allen dieser letzte Berg problemlos gefahren und nur die letzten hundert Meter werden von mir (und fast allen anderen) geschoben. Es ist zu steil und auf dem nassen Kopfsteinplaster zu gefährlich um sich noch mal auszutoben. Bereits das Schieben mit „Klick-Pedal"- Schuhen ist nur schwer zu schaffen. Und um 10 vor neun kann ich dann Heidi endlich meine Stempelkarte in die Hand drücken. Ich nehme Ihre Glückwünsche und Umarmung gerne und stolz entgegen und bin froh endlich angekommen zu sein.
Da ich ziemlich durchgefroren und übermüdet bin, steht mir nicht der Sinn danach dieses prächtige Bauwerk zu bewundern; stattdessen wird nach einer kurzen Pause und dem obligatorischen Abschlussphoto die Weiterreise angetreten.
Der „offizielle Teil"
Dank der Streckenpläne die wir auf der Burg bekommen haben, finden wir problemlos zu den Duschmöglichkeiten. Nur dort müssen wir etwas umherirren und einige Male nachfragen, bis wir das richtige Gebäude finden.
Nach dem Duschen und Umziehen geht es zum Bürgerhaus, wo sich alle Teilnehmer wieder treffen sollen. Als wir ankommen, sind bereits die Vorbereitungen für das Mittagessen im Gange. Die Zeitdauer bis zum Essen verbringe ich damit mich mit den bekannten Freunden aus Osterdorf zu unterhalten und auch um ein paar Minuten Schlaf nachzuholen.
Das sehr gute und reichliche Essen schafft die Grundlage für die nun folgenden Ehrungen. Jeder Teilnehmer erhält seine Medaille und es werden noch besondere Leistungen geehrt. Außer dass unsere Gruppe mit Tobias den jüngsten Teilnehmer hatte, können wir mit keiner Eigenschaft glänzen.
Irgendwann sind dann alle geehrt und alle Reden gehalten. Die meisten wollen mit dem Zug nach Hause, oder zum geparkten Auto fahren, so dass sich eine größere Radlergruppe Richtung Bahnhof bewegt. Dass mit dem Länderticket gefahren werden soll, ist eigentlich klar, aber bis sich die Gruppen von bis zu fünf Leuten finden, die das gleiche (oder ähnliche) Ziel haben, dauert noch einige Zeit. Aber bis der Zug Richtung Nürnberg abfährt, sind auch diese Probleme behoben. Ich muss insgesamt dreimal umsteigen, und bis auf das letzte Stück sind die Fahrradabteile immer erwartungsgemäß ziemlich voll.
Die letzten 800 Meter vom Bahnhof nach Hause sind eigentlich nicht mehr der Erwähnung wert.
Schlußbetrachtung
Eigentlich war es die Streckenlänge eines 400-er Brevets, aber trotzdem war es etwas Besonderes. Weil es eine Deutschlandpremiere war? Weil das Wetter noch schlechter als bei den Osterdorfer- Brevets war? Weil „Gruppenzwang" bestand? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich mit sehr großen Erwartungen und sehr großer Vorfreude auf diese Tour gegangen bin. Vielleicht mit zu großen Erwartungen, denn phasenweise, natürlich auch wetterabhängig, war ich doch sehr frustriert und enttäuscht, dass mir diese Tour nicht besser gefällt.
Inzwischen ist wieder etwas Zeit vergangen; wie üblich verblassen die negativen Eindrücke und die Zufriedenheit und der Stolz über das Erreichte überwiegen. Und deshalb ist bereits jetzt der Termin für den 2. Fleche Allemagne im Mai 2006 im Kalender eingetragen.