Vagabund auf zwei Rädern
Ein Zamdorfer beim 1.200 Kilometer Traditionsradrennen Paris-Brest-Paris
Zamdorf
Der Regen peitscht ihm ins Ge­sicht. Es ist dunkel und kalt. 530 Kilometer sind schon ge­schafft und die erste Ruhe­pause rückt näher. Dann heißt es das Fahrrad in die Ecke stellen, trockene Klei­dung anziehen und in einen fünfein-halbstündigen, ko­matösen Schlaf fallen. »Wir Mara-thonradler sind Vaga­bunden der Landstraße, die keinen Schmerz kennen.« So beschreibt sich Ulrich Meis­ner selbst und ein Lachen huscht über sein Gesicht.
Der Zamdorfer ist passionier­ter Langstreckenradfahrer und hat in diesem Sommer die legendäre Strecke Paris Brest-Paris gemeistert. 1.200 Kilometer in 78 Stunden und 45 Minuten. Generalstabs-mäßige Planung, eisenhartes Training und den unbeding­ten Willen die Traditionsstre­cke zu meistern sind unab­dingbare Voraussetzung, um diese Tortur zu überstehen. »Und dass es auch noch für eine so gute Zeit gelangt hat, macht mich schon stolz«, gibt der bescheidene 51-Jährige zu.
Erwartet hätte er das nicht, denn das schlechte Wetter habe die Wettkampfbedin­gungen extrem verschärft. Kein Wunder also, dass von insgesamt 5.300 Startern nur
Seine normale Trainings-einheit am Wochenende beträgt bei schönem Wetter 240 Kilome­ter. »Das ist von Zamdorf aus auch gar kein Problem. Man fährt um drei Ecken und schon ist man in der freien Natur und kann bis Altötting in die Pedale treten«, strahlt Meisner.
Da seine Frau ebenfalls eine begeisterte Radlerin ist, gibt es auch privat keinen Ärger, wenn Meisner im Winter Stunden im Keller des Rei­henhauses »auf der Rolle« verbringt. Denn bei Schmud­delwetter zieht es auch den hartgesottenen Zamdorfer nicht nach draußen. »Da trainiere ich lieber zu Hause, schließlich muss ich ja in Form bleiben, um im Früh­jahr wieder voll angreifen zu können«, sagt Meisner.
Und er hat sich wieder viel vorgenommen: Einige 24-Stunden Rennen, sowie die wichtigen Qualifikations-ren­nen für die nächste Paris-­Brest-Paris Tour stehen auf dem Programm.
Denn Meisner ist sich sicher: »Bei der nächsten Frank­reich-Rundfahrt stehe ich wieder am Start. Schließlich will ich der Bretagne die Chance geben, sich beim nächsten Mal von ihrer son­nigen Seite zu prä-sentie­ren.«
Andrea Koller
1.002 Kilometer sind geschafft: Ulrich Meisner aus Zamdorf bei der Paris-Brest­Paris Rundfahrt. Ein Rad-Marathon bei Regenwetter
3.600 ins Ziel kamen. Auch Meisner verzweifelte das ei­ne oder andere Mal am bre­tonischen Wetter und den schlechten Straßen. »Vor al­lem in der zweiten Nacht musste ich wirklich kämpfen. Da ging dann auch meine Durchschnitts-geschwindig­keit deutlich zurück«, berich­tet Meisner. Ansonsten düste er mit 25 Kilometern pro Stunde durch die Bretagne. Stets angefeuert von vielen Franzosen, die für die Mara­thonradler Versor-gungsstände am Weges-
rand aufge­baut hatten. »So kämpft man sich dann durch menta­le und körperliche Stärke bis ans Ziel«, resümiert Meisner über den momentanen Hö­hepunkt seiner Radler-karrie­re.
Einen steilen Aufstieg hat der Bauingenieur hingelegt. Schließlich ist er erst seit drei Jahren Mitglied beim TSV Unterföhring¬ und trainiert seither viermal pro Woche für Mara­thondistanzen. Auch im Ur­laub kriegt man den 51-Jährigen nicht von
seinem Zwei­rad. Zusam-men mit seiner Frau bereiste er schon Ar­gentinien, Vietnam und Ku­ba mit dem Fahrrad. »So kriegt man einen viel besse­ren Zugang zu den Men­schen und kann deutlich mehr von Land und Leuten erleben«, begründet Meis­ner seine ungewöhnliche Art zu Reisen.
Insgesamt sieben Räder be­sitzt er, mit denen er im ver­gangenen Jahr rund 18.00 Kilometer zurücklegte.